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Kanten schleifen

Anleitung zum Schleifen von Ski- und Snowboardkanten

Im Internet kursieren immer noch Warnungen daß das Schleifen von Skikanten schwierig ist und man es lieber einem Fachmann überlassen sollte. Dagegen stehen jährlich hunderte von Neukunden die es ausprobieren und feststellen daß es gar nicht so schwer ist. Natürlich sollte man keine zwei linken Hände haben aber wenn man die Werkzeuge richtig einsetzt kann man im Prinzip nichts falsch oder kaputt machen.

Welches Ergebnis kannst Du erzielen? Nehmen wir als Grundlage einen Neuski oder einen Ski der gerade im Sportgeschäft "normal" geschliffen wurde, also kein spezieller Rennschliff. Um dieses Ergebnis ebenfalls in Handarbeit zu erzielen reichen vier Arbeitsschritte und ein Einsteigerset für 50 Euro. Wer höhere Ansprüche hat und bereit ist etwas mehr Aufwand zu betreiben, kann eine Kantenschärfe erzielen welche nur absolute Spezialisten unter den Sportgeschäften bieten können. Und die lassen es sich dann sehr gut bezahlen.

In der folgenden Anleitung zeige ich Dir Schritt für Schritt wie man eine Skikante bis zur Perfektion schleifen kann. Falls Du auf einen Geheimtipp wartest, muß ich Dich leider enttäuschen. Beim Kanten schleifen zählen nur drei Dinge und die sind schon lange keine Geheimnisse mehr. Wie viele Arbeitschritte Du machst und welche Sorgfalt Du beim Arbeiten walten lässt. Und natürlich die Qualität und der Zustand Deiner Feilen und Schleifsteine.

1. Kante vorbereiten

Im ersten Schritt werden mit einem relativ groben Alu-Oxydstein Überstände und Verhärtungen die durch Steinkontakt entstanden sind, auf der Kante entfernt. Dazu nimmst Du einfach einen Alu-Oxydstein und fährst die Kante entlang und zwar belagseitig und seitlich. Sobald Du einen Widerstand spürst hast du einen Überstand gefunden den Du jetzt mit dem Alu-Oxydstein punktuell glättest. Warum Du das machen solltest? Weil diese Verhärtungen die Härte von Hartmetall erreichen können und eine Stahlfeile oder Diamantfeile massiv beschädigen würden. Ein Alu-Oxydstein gehört zur Grundausstattung jedes Kantenschleifsets.

Optional: Manche empfehlen auch grobe Stahlfeilen oder Diamantfeilen für diese Arbeit. Diese kosten allerdings deutlich mehr als ein Alu-Oxydstein bei gleichem Ergebnis und geringerer Haltbarkeit. Macht also keinen Sinn.

2. Skikanten mit der Stahlfeile schleifen (RMS-Level 2)

Das Schleifen mit der Stahlfeile solltest Du auf ein Minimum beschränken und nur anwenden wenn es nicht anders geht. Denn Stahlfeilen sind spanabtragend und nehmen immer etwas Material von der Kante weg. Es gibt drei verschiedenen Hiebarten bei den Stahlfeilen von grob bis fein die Du folgendermaßen einsetzen kannst:

2a - Vorschleifen oder Einschleifen

Möchtest Du einen neuen Winkel einschleifen oder hast Du eine total stumpfe und rostige Skikante dann brauchst Du eine grobe Setup- oder Bastard-Feile. Diese nimmt etwas Material weg und so sparst Du Zeit beim Schleifen, reduzierst aber die Stärke der Kante auch etwas mehr.

2b - Schärfen

Die meistverwendet Skifeile ist die mittlere 2nd-Cut Feile. Diese nimmt man wenn die Kanten schon sehr stumpf sind so daß man diese mit einer Diamantfeile (siehe Punkt 3) nicht mehr scharf bekommt. Die meisten Skikantenschleifer habe serienmäßig eine 2nd-Cut-Feile, diese gehört als zweites Werkzeug zur Grundaussstattung

Anwendung: die Skifeile wird im/am Kantenschleifer fixiert und auf den gewünschten Winkel (dazu weiter unten mehr) eingestellt. Dann fährt man von der Skispitze in gleichmässigen Zügen zum Skiende durch bis die Skikante die gewünschet Schärfe erreicht hat. Ohne Druck arbeiten, eine Skifeile funktioniert nur durch ihre Schärfe, nicht über Druck.

2c - Nachschärfen

Ist die Kante nur wenig abgenutzt reicht es wenn man mit der feine Finish-Feile nachschärft. Das Prinzip ist gleich wie bei der 2nd-Cut-Feile nur nimmt die Finishfeile weniger Material weg und die Skikante wird etwas glatter was die Standfestigkeit verbessert. Eine Finishfeile ist empfehlenswert für Dich wenn Du Deine Skikante regelmässig schleifst bevor sie zu stark abgenutzt ist. Sie ist auch ideal zum schonenden Nachschärfen der belagseitgen Kante.

3 - Nachschärfen und Glätten (RMS-Level 3)

Das dritte Teil der Grundausstattung ist eine Diamantfeile Korn 200 bis 400. Eine mittelgrobe Diamantfeile hat zwei Funktionen, zum einen kann man damit die Skikante nach dem Schleifen mit der Stahlfeile glätten um diese noch schärfer und standfester zu machen (je glatter die Kante desto weniger Widerstand hat sie gegenüber den Eiskristallen, das reduziert die Abnutzung).

Wichtiger ist jedoch, daß wenn man die Skikante nach jedem Skitag nachschärft, reicht in der Regel diese Diamantfeile zum Erstellen einer scharfen Kante. Eine Diamantfeile ist nicht spanabtragend und schützt deshalb die Skikante vor unnötigem Materialabtrag. Es gilt - öfters weniger machen ist mehr.

Anwendung: (gilt für alle Diamantfeilen und Schleifsteine) In der Regel werden Diamantfeilen ohne Feilenhalter verwendet. So hat man immer das Gefühl dafür ob die Feile aufliegt oder nicht und es ist einfacher sie nass zu halten. Denn Diamantfeilen und Schleifsteine sollten immer nass angewendet werden indem man sie regelmäßig in ein Wasserglas taucht, so verstopfen sie nicht so schnell. Dann einfach ohne Druck in gleichmäßigen Zügen von vorne nach hinten durchziehen. Wer es sich freihändig nicht zutraut, kann auch einen Feilenhalter benutzen.

Jetzt hast Du bereits alles erledigt um eine Skikante so zu schleifen daß das Ergebnis mit einem gut gemachten Skiservice aus dem Sportfachgeschäft locker mithalten kann. Alles was jetzt kommt macht die Kante immer noch eine Stufe glatter und schärfer und erhöht die Standzeit.  

4. Polieren (RMS-Level 4)

Nach dem Glätten mit der 400er Diamantfeile ist der nächste Schritt das weitere Polieren mit einer 600-800er Diamantfeile. Die Arbeitsweise ist gleich wie beim Glätten, die Schärfe und die Standzeit werden weiter verbessert.

5. Hohnen/Feinpolieren (RMS-Level 5)

Noch eine Stufe glatter und damit schärfer und langlebiger wird es mit einem feinen Keramik-Schleifstein oder einer extra feinen Diamantfeile Korn >1000. Die Diamantfeile ist etwas toleranter in der Handhabung, die Keramiksteine schleifen etwas feiner, müsssen aber absolut glatt sein, sonst überträgt sich jede Riefe im Schleifstein auf die Skikanten.

6. Härten (RMS-Level 6)

Das Non-Plus-Ultra erhält man wenn man zum Schluß die Skikante mit einem extra harten Arkansas Naturschleifstein oder einem speziellen Keramik- oder Tungsten-Schleifstift bearbeitet. Das verändert das Gefüge an der Oberfläche die dadurch eine maximale Härte bekommt. Die Standzeit erhöht sich noch einmal deutlich.

7. Entgraten

Es kann vorkommen daß sich beim Schleifen ein Grat auf der Kante bildet. Dieser muß unbedingt entfernt werden, dazu verwendet man eine feine Diamantfeile oder einen speziellen harten Schleifgummi (Entgrater). Einfach leicht von vorne nach hinten über die belagseitige Kante fahren bis der Grat nicht mehr zu spüren ist.

8. Brechen

Je nach Skityp und Fahrkönnen kann/sollte die Skikante vorne und hinten etwa 10cm weit gebrochen (abgerundet) werden. Dazu nimmt man am Besten einen weichen Schleifgummi (Teil vier der Grundausstattung) und fährt mehrmals kräftig direkt über die Spitze der Skikanten bis diese deutlich gerundet ist. Das reduziert die Gefahr des Verschneidens.  

9. Freuen

Geschaft. Egal ob Du nur die Grundarbeiten gemacht hast oder das volle Programm bis zum Härten der Kante, Deine Ski sind wieder auf einem hohen bis sehr hohen Niveau fahrbereit. 

Jetzt noch ein paar grundsätzliche Punkte und Tipps.

Welche Ausrüstung brauchst Du für den Service?

Bist Du Einsteiger und hast noch keine Vorstellungen wie intensiv Du das Ganze betreiben möchtes, reichen Dir die vier Produkte Alu-Oxydstein, Kantenschleifer mit 2nd-Cut Feile, Diamantfeile mittel und Schleifgummi um ein gutes Ergebnis zu erzielen. Wenn Du hier die richtigen Produkte auswählst kannst Du dein Sortiment später nahtlos erweitern und es Deinen Fähigkeiten und Ansprüchen immer wieder anpassen. Worauf Du Wert legen solltest, sind hochwertige Feilen und Schleifsteine - denn die machen die ganze Arbeit.

Unterschiede bei der Bearbeitung von belagseitiger Kante und Seitekante

Generell gelten für die belagseitige Kante und die Seitenkante die selben Bearbeitungsschritte. Der Unterschied: Die belagseiteige Kante muß nicht zwingend geschliffen werden um eine scharfe Kante hinzubekommen da man durch zu viel Schleifen die Kante immer mehr abhängt was eher kontraproduktiv ist. Für normale Ansprüche reicht es, wenn der Belag und damit die belagseitige Kante bei Bedarf im Skiservice geschliffen werden. Wer etwas anspruchsvoller ist, entfernt die Verhärtungen mit dem Aluoxyd-Stein und glättet mit der 400er Diamantfeile.

Profis bearbeiten die belagseitige Kante bei Bedarf entsprechend der Seitenkante. Ein Frage der Erfahrung.

Welchen Kantenwinkel schleift man am Besten?

Darüber wird in Foren und an Stammtischen auch mal ausführlich diskutiert. Es gibt allgemein gängige Werte die lauten:

Snowboards        89 Grad seitlich (hinterschliffen) und 1 Grad belagseitig (hängend)
Allroundcarver   88 Grad seitlich (hinterschliffen) und 1 Grad belagseitig (hängend)
Racecarver          87 Grad seitlich (hinterschliffen) und 0,5-0,75 Grad belagseitig (hängend)
Rennläufer          87/86 Grad seitlich (hinterschliffen) und 0,5 Grad belagseitig (hängend) je nach Disziplin

Tatsache ist daß die meisten Ski im Skiservice mit 88/1 geschliffen werden so lange kein extra Rennschliff bestellt und (teuer) bezahlt wird. Wer also nichts sagt bekommt seinen Racecarver der ab Werk 87/0,5 geschliffen ist, halt dann mit 88/1 zurück.

Anderes Beispiel: während die Einen behaupten daß ein 87er Winkel nur von sportlichen Skifahrern gefahren werden kann, hier die Aussage vom Markführer Fischer, nachzulesen auf der Fischer Website unter FAQ (hier der Originaltext von 2019):

Welchen Auslieferungszustand haben Fischer Ski?

ALPIN: Die Ski sind sofort einsatzbereit. Die Kanten werden belagseitig auf ca. 0,8 Grad und die Seitenkanten auf 3 Grad geschliffen.

Fischer schleift also ALLE Ski mit 87 Grad seitlich und 0,8 Grad hängend. Egal ob Kinderski, Anfängermodelle, Freerideski oder Racecarver. So viel zum Thema Kantenwinkel.

Mein Vorschlag Aufgrund der Rückmeldungen meiner Kunden:

Snowboards                       89 Grad seitlich (hinterschliffen) und 1 Grad belagseitig (hängend)
Normalfahrer/innen        88 Grad seitlich (hinterschliffen) und 0,5-1 Grad belagseitig (hängend)
Sportliche Fahrer/innen  87 Grad seitlich (hinterschliffen) und 0,5-0,75 Grad belagseitig (hängend)

 

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